Mittwoch, 1. April 2015

"Den Söhnen Mathilde Ludendorffs die weitere Mitarbeit verleiden"

Der Ludendorff-Anhänger Herbert Frank fordert zu Spitzeldiensten auf (1942 bis 1949)

Auf diesem Blog und anderwärts war schon mehrmals von "Zersetzungsarbeit" von Geheimdiensten und -gesellschaften gegenüber oppositionellen Gruppen die Rede gewesen. Von "Zersetzungsarbeit", die daran anschließendes "Hijacking" (Abbiegen in eine andere Richtung) erst ermöglicht oder doch bedeutend erleichtert. Und zwar hier auf dem Blog natürlich insbesondere auch gegenüber der Ludendorff-Bewegung. Das bisher gegebene Bild kann noch mit weiteren Beiträgen vervollständigt werden. In dem vorliegenden Beitrag soll es dabei um den vormaligen Tannenbergbund-Landesleiter des Rheinlandes und den zeitweiligen sehr umtriebigen Mitarbeiter Erich und Mathilde Ludendorffs im Rheinland gehen, einen Herbert Frank (1898-1972). Dieser lebte zusammen mit seiner Familie lange Zeit in Duisburg (1-5).

Herbert Frank wurde 1898 in Mainz geboren, dort wo der vier Jahre jüngere, spätere Geheimdienst-Chef, das Skaldenordens-Mitglied Werner Best, aufwachsen sollte, und wo auch der einflußreiche "Alldeutsche" Heinrich Claß lebte, der wohl Mitglied des freimaurerischen "Germanenordens" war. Laut seines Lebenslaufes (2) wurde Herbert Frank in dieser vorwiegend katholischen Stadt evangelisch getauft. Nach diesem meldete er sich 1914 bei Kriegsausbruch mit 16 Jahren als Kriegsfreiwilliger und nahm dann vier Jahre als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Dabei wurde er zum Leutnant befördert, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse. 1920 kämpfte nahm er am Kapp-Putsch teil, 1923 an Sabotageakten gegen die französische Besatzung in Aachen. Für diese wurde er in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Im Rheinland war er dann zunächst viele Jahre führend im völkischen "Wiking-Bund" tätig (2).

Im November 1928 trat er aus dem Wiking-Bund aus und in Ludendorffs Tannenberg-Bund ein. Frank wurde in letzterem sogleich Presseleiter der Landesleitung-West. Und im April 1929 wurde er sogar selbst "Landesleiter West" des Tannenbergbundes. Im Dezember 1929 trat er auch aus der Kirche aus.

Beruflich war Frank als Diplomingenieur in verschiedenen Stahlwerken im Rheinland tätig. Von 1931 bis 1936 allerdings war er arbeitslos und engagierte sich in dieser Zeit verstärkt als Mitarbeiter des Ludendorff-Verlages, als Buchvertreter, als Autor, sowie als Redner insbesondere in Nordwestdeutschland. In dieser Zeit verfaßte er mehrere Kampfschriften für den Ludendorffs-Verlag, unter anderem über den "Deutschen Herrenklub" (4, 5). (Ob irgendein Zusammenhang damit besteht, dass es noch heute in Düsseldorf und anderen Städten rechtskonservativ orientierte "Herrenrunden" gibt, muss hier dahin gestellt bleiben.)

"Der moderne Jesuit über Charles Darwin" (1932)

Im schon früh gesicherten, zugänglichen und zum Teil auch wissenschaftlich ausgewerteten Nachlaß von Herbert Frank (2) zeugen vielfältige Dokumente von seiner sehr umfassenden Beschäftigung mit der Beeinflussung des deutschen und internationalen politischen und kulturellen Lebens durch den Katholizismus im allgemeinen und durch den Jesuitenorden im Besonderen. So schrieb er im September 1932 etwa den Aufsatz "Der moderne Jesuit über Charles Darwin" (2, S. 29).

"Rom - Jesuit - Arisches Christentum" (um 1934)

An den religiösen Auseinandersetzungen in Deutschland während des "Dritten Reiches" beteiligten sich Erich und Mathilde Ludendorff sehr vielfältig und mit vielen Zeitschriftenbeiträgen, Kampfschriften und Büchern (1). In ihrem Fahrwasser bewegte sich auch Herbert Frank. So gibt es in seinem Nachlaß beispielsweise eine Mappe betitelt mit "Rom - Jesuit - Arisches Christentum". Sie enthält gesammelte Zeitungsausschnitte jener Zeit, unter anderem zum Thema "'Germanischer' Katholizismus". Dies läßt einen auch unter der Anhängerschaft Ludendorffs womöglich nicht gar so weitverbreiteten recht charakteristischen Interessen- und Erkenntnishorizont erkennen. Daß damals der "arische Jesus" in der evangelischen Kirche vertreten wurde, wurde von Erich und Mathilde Ludendorff - unter anderem - auf Bestrebungen des Jesuitenordens zurück geführt. Und Herbert Frank ging mit dieser Mappe dieser These weiter nach, wie aus ihrer Benennung hervorgeht.

"Die Staatsfeindlichkeit der christlichen Religion" (1936)

Eine deutliche Verschärfung der Tonlage im Rahmen des damaligen sogenannten "Kirchenkampfes" stellte sich ein, als Erich Ludendorff im Januar 1936 in seiner Zeitschrift "Quell" von der "Staatsfeindlichkeit der christlichen Religion" zu sprechen begann (1, S. 205). Ludendorff sprach davon in Abwehr des Gotteslästerungs-Paragraphen 166 im deutschen Strafgesetzbuch.

Allerdings dürfte es auch ein wenig auffällig sein, daß sich Erich Ludendorff in dem diesbezüglichen Aufsatz sehr ausführlich auch auf einen Briefwechsel bezog, den Herbert Frank in diesen Fragen mit der "Akademie für deutsches Recht" geführt hatte. Womöglich war erst dieser Briefwechsel von Herbert Frank selbst der Anlaß auch für Erich Ludendorff, die Tonlage zu verschärfen? Erich Ludendorff schrieb:
Um auch anderen Deutschen das Wort zu geben und das von mir bereits Gesagte zu ergänzen
brachte er dann in einem langen Zitat Worte Herbert Franks aus dem genannten Briefwechsel. Und Erich Ludendorff schrieb dazu (1, S. 205-209):
Das sind gute Worte, mit meinen gemeinsam reden sie noch im letzten Augenblick eine klare, deutsche Sprache.
Daß es viel Anlaß gibt, die christliche Religion an sich als "staatsfeindlich" wahrzunehmen, steht außer Frage. Es darf aber immer auch nach den Beweggründen gefragt werden, warum dieser oder jener Mensch in genau diesem Augenblick eine solche, natürlich außergewöhnlich scharfe These vertritt. Der umfangreiche Nachlaß von Herbert Frank wird heute im Institut für Zeitgeschichte in München aufbewahrt (2). Anhand dieses Nachlasses wurde 1967 auch eine (recht langweilige) Doktorarbeit zur Geschichte der Ludendorff-Bewegung verfaßt (3). Allein das erst vor einigen Jahren erarbeitete und veröffentlichte Findbuch dieses Nachlasses, das frei im Internet zugänglich ist (2), umfaßt 143 Seiten. Unter dem Blickwinkel der Erkenntnisse dieses Beitrages könnte die genannte Doktorarbeit und der Nachlaß selbst gut und gerne noch einmal einer genaueren Sichtung unterworfen werden.

"Eine geheime Briefüberwachung" - Herbert Frank und die Gestapo

Aus dem genannten Nachlaß geht auch hervor, daß Herbert Frank während des Dritten Reiches als Gegner des Nationalsozialismus mehrmals in Gestapo-Haft genommen worden ist. So taucht denn sein Name auch auf in Gestapo-Berichten neben den Namen anderer führender Ludendorff-Anhänger wie Hans Georg von Waldow, Rudolf Schmidt oder Bronsart von Schellendorff. Ihrer aller Briefwechsel wurde "mitgelesen", ein Umstand, den man auch noch einmal länger auf sich wirken lassen sollte. Im folgenden Google-Bücher-Schnippsel-Eindrücke. Die Zitate müssen noch in einer Bibliothek aufgesucht und vervollständigt werden ("Gestapo Hannover meldet", 1986, S. 170, Hervorhebung nicht im Original):
... in Erscheinung der Generalvertreter des Ludendorff-Verlages, Dipl.-Ing. Herbert Frank in Nette, Kr. Marienburg, der einen umfangreichen Briefverkehr unterhält. Durch eine geheime Briefüberwachung konnte festgestellt werden, daß die Anhänger der Ludendorff-Idee ihre alten politischen Bestrebungen weiter verfolgen. In einem in Abschrift hier vorliegenden Briefe des bekannten Generals a. D. von Bronsart, Brunshaupten, Mecklenburg, an Herbert Frank in Nette, schreibt Bronsart wörtlich ... 
Nette, Kreis Marienburg liegt im Rheinland. Und ("Gestapo Hannover meldet", 1986, S. 206):
In der Stadt Hannover ist die Bewegung seit geraumer Zeit nicht in Erscheinung getreten, was darauf zurückzuführen sein dürfte, daß die bekannten früheren Führer, Major a. D. von Waldow und Oberst a. D. Goetze, von Ludendorff "kaltgestellt" sein sollen. Von dem Generalvertreter Frank-Nette sind Postkarten versandt worden, in denen er ...

Oberst a.D. Goetze und Major a. D. von Waldow fühlen sich durch diese Vertrauensentziehung seitens ihres Führers Ludendorff sehr gekränkt, weil sie davon überzeugt sind, daß sie Ludendorff zu jeder Zeit und in jeder Weise Gefolgschaft  ...
Erich Ludendorff hat ja früh geäußert, dass er die durch die Nationalsozialisten im Sommer 1933 verfügte Auflösung des Tannenbergbundes nicht rückgängig machen würde, auch wenn es ihm erlaubt wäre. Der Hauptgrund war derjenige, so Ludendorff, dass sich in die Reihen der Organisation viel zu viele "Maulwürfe" eingeschoben hatten, denen Ludendorff mit einer solchen durchstrukturierten Ortsgruppen-Organisation nicht mehr das Leben so leicht machen wollte. In diesen Zusammenhang mag auch die Kaltstellung der vormaligen Landesleiter von Waldow und Goetze gehören. Die Kaltstellung des vormaligen Landesleiters Herbert Frank sollte ja erst 1949 durch Mathilde Ludendorff erfolgen (siehe unten).

Jedenfalls geht aus den Zitaten hervor, dass Herbert Frank während des Dritten Reiches sehr rührig war, um die Ludendorff-Bewegung im Rheinland zusammen zu halten.

Abb. 1: Franz von Bebenburg, Erich Ludendorff, Karl von Unruh (von links nach rechts), undatiert (wohl 1937)
Da von Herbert Frank einstweilen keine Fotografie vorliegt, wird hier eine Abbildung gebracht von Erich Ludendorff, umgeben von zwei seiner engeren Mitarbeiter, der linke davon Franz von Bebenburg, der im Jahr 1937 - wie Herbert Frank im Rheinland - Buchvertreter des Ludendorff-Verlages in Süddeutschland war. Wahrscheinlich wird es also auch über Franz von Bebenburg solche eben zitierten Gestapo-Berichte geben, wie natürlich auch über Erich und Mathilde Ludendorff in Tutzing selbst.

"Überwachen, ob die Kinder Mathilde Ludendorffs abends in Bars gehen" (Mai 1942)

Aber nicht nur von offiziellen staatlichen Stellen gab es Bespitzelung. Mathilde Ludendorff führte einen sehr regelmäßigen Briefwechsel mit dem Amtsgerichtsrat Dr. Rudolf Sand (1896-1992) in Bonn-Waldbröl (9,10), damals ein guter Freund von Herbert Frank. Rudolf Sand führte bis zu seinem Lebensende umfangreiche Briefwechsel unter anderem mit dem Ludendorff-Biographen, dem General Franz Uhle-Wettler, und setzte sich auch sonst vielfältig für den Fortbestand der Ludendorff-Bewegung und des "Bundes für Gotterkenntnis" ein, dessen letzter Vorsitzender er vor dessen Neugründung im Jahr 1977 war. Seinen Briefwechsel mit Mathilde Ludendorff wollte Rudolf Sand ausdrücklich "zur künftigen Auswertung durch die Forschung" gesichert wissen. Dieser sonst ruhige Briefwechsel hat im Mai 1942 eine etwas dramatischere Wendung genommen. Und dabei ging es vor allem um Rudolf Sands guten Freund Herbert Frank. Von ihrer Berghütte in Klais aus schrieb Mathilde Ludendorff an Rudolf Sand (Hervorhebungen nicht im Original):
Klais, den 21. 5. 42
Sehr geehrter Herr Amtsgerichtsrat,
Seit gestern bin ich hier in Klais und heute wurde mir Ihr Brief hierher nachgesandt. Ich danke Ihnen sehr, daß Sie trotz der Arbeitsüberlastung so ausführlich geschrieben haben. Es freut mich herzlich, daß Sie seit je eine so klare und ablehnende Haltung gegenüber der Hetze gegen meine Kinder (auch meine Tochter wird damit bedacht) eingenommen haben. Die Geschäftsschädigung unseres Verlages, die Herr Frank durch sein Herumsenden seines Briefes an mich getrieben hat, ist ja allerhand und seine Weigerung, mir die Namen der Urheber der Gerüchte zu nennen, kennzeichnet zur Genüge, wie gut er es mit dem Hause Ludendorff meint!
Wenn ich jene beiden Sätze in Ihrem Schreiben auf jene Hetze zurückführte, so vor allem, weil Sie uns Frank als guten (das letzte Wort doppelt unterstrichen) Mitkämpfer nannten und weil ich gerade in der letzten Zeit besonders viele Anzeichen dafür habe, wie unglaublich fahrlässig, gewissenlos und treulos mir gegenüber an vielen Orten über meine Kinder gelogen wird. Nun freut mich natürlich herzlich, daß jene beiden Sätze Ihres Briefes eine so harmlose Ursache hatten. ---
Mathilde Ludendorff kommt dann noch auf ihre damaligen Probleme, eine für ihre Entlastung wichtige Haushaltshilfe zu finden zu sprechen und schreibt als Nachschrift:
P.S.: Schon als ich mein Werk Triumph geschrieben hatte, begann das immer währende planmäßige Türmen außergewöhnlicher Gefahren um meine Kinder. Nach meiner Ehe mit dem Feldherrn und seit unserem Beginn des Kampfes gegen die Geheimorden mehrte sich das noch und nahm geradezu unwahrscheinliche Grade an. Das gab dann Zeit der Sorge, die der Feldherr in den Worten festhielt, die Sie anführen, aber auch die größere Freude von uns beiden, wie unzerbrechbar der gute Charakter der Kinder sich hier erprobte. Jahre köstlicher gemeinsamer Arbeit folgten und des Feldherrn Testament gibt Zeugnis seiner Liebe und seines großen Vertrauens zu unseren Kindern, die "seine Kinder" geworden waren! Der letzte Versuch der Gegner, ganz zynisch unsere "Anhänger" zu verwerten, um meinen Kindern das Amt, das sie über unseren Tod hinaus haben, zu erschweren und, wie sie hoffen, so zu verleiden, daß sie es niederlegen, ist allerdings angesichts der unmoralischen Haltung der meisten Anhänger, die mir keine Meldung der Namen der Gerüchtemacher geben, zur Zeit noch sehr erfolgreich! Frank tut mit einer kleinen Zahl "guter" Mitkämpfer eifrige Arbeit! So wird uns denn in Zukunft nichts anderes übrig bleiben als noch zu meinen Lebzeiten die Mitkämpfer selbst gerichtlich zu belangen!
Tatsächlich haben sich ja die beiden Söhne Mathilde Ludendorffs nach 1945 - im Gegensatz zu ihrer Tätigkeit bis 1945 - ganz aus der Arbeit für den Verlag der Ludendorff-Bewegung und für diese selbst zurück gezogen. Noch in dem Buch des ältesten Enkelsohnes von Mathilde Ludendorff, Walter Erich von Bebenburg-Richartz "Tod den Ärtzten!" könnte man gewissermaßen jene Stimmung gegenüber einer bigotten Anhängerschaft heraushören, wie sie sich auch bei den Söhnen Mathilde Ludendorff herausgebildet haben mag. Walter Erich stand ja mit seinen beiden Onkeln in guter Verbindung. Es mag also durchaus sein, dass solche hier erwähnten Aktivitäten letztlich nicht folgenlos geblieben sind. Um welche Art von Gerüchten es sich nun aber vor allem handelte, geht aus einem Brief hervor, den Mathilde Ludendorff im April 1949, nachdem auch Herbert Frank endlich hatte "kalt gestellt" werden können, weil Mathilde Ludendorff endlich auch viele ihrer Anhänger davon überzeugen konnte, dass das richt war, an Werner Preisinger schrieb. Dabei war der Anlaß eine gewisse "Frau Rode", die sich scheinbar sehr gut mit Herbert Frank verstand:
Tutzing, den 3. 4. 49
Sehr geehrter Herr Preisinger,

(...) Sicherlich war Frau Rode jene Anhängerin, der die Entdeckung der Vollkommenheit Franks geglückt ist. Sie hat sich bald nach dem Tode meines Mannes sehr warm an den Gerüchten beteiligt, daß meine Söhne, die das ehrenvollste Testament für ihr Wirken an unserer Seite von ihrem Vater erhalten hatten, die Bewegung durch ihren Lebenswandel schwer schädigten!! Damals hielt Frank es für richtig, mir in der schwersten Zeit meines Lebens einen taktlosen Brief in gleicher Überzeugung zu schreiben und gleichzeitig die Münchner Anhänger insgeheim aufzufordern, meine Söhne zu überwachen und ihnen nachzugehen, ob sie abends in Bars gingen. Er erhielt von den Anhängern die Antwort, daß sie sich für diese Spitzeldienste bedankten! Wenn solches alles nicht die Vollkommenheit Franks bedeutet, dann wüßte ich nicht, wie er sie beweisen sollte! Da aber Frau Rode sich in derartig vollkommenem Tun auch beteiligte, so ist wohl ihre eigenen Vollkommenheit innig mit ihrem Glauben an Franks Vollkommenheit verbunden!!!!
Durch diese Briefstelle wird also deutlich, daß sich der sehr ausgeprägte, fast überforsche Kritiker von Christentum und Jesuitenorden Herbert Frank mitunter dann plötzlich doch sehr christlich und jesuitisch verhalten konnte. Es wird hiermit immer deutlicher: Gerade die nächsten Angehörigen von Mathilde Ludendorff aus der jüngeren Generation - wie ihre beiden Söhne und ihr Enkelsohn Walter Erich (1927 bis 1980) - sind in besonderem Maße von Christen und von sich zumindest äußerlich als forsche Christentums- und Jesuitenkritiker Gebende "umkreist" gewesen (siehe auch: 6).

Da kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt eigentlich fast nur erahnt werden, in welchem Umfang dies auch von ihrer Tochter Ingeborg (1906-1970) zu sagen ist, die an einen ersten Ehemann geraten ist, bei dem es sich um einen "Lebemann" offenbar sehr niedriger Gesinnung handelte, von dem sie sich dann nur durch eine schwierige Scheidung wieder trennen konnte, deren gemeinsamer Sohn jedoch schließlich zwanzig Jahre später erneut unter den außerordentlich negativen Einfluß dieses ihres ersten Ehemannes geraten sollte (6), wodurch sicherlich dessen ganzer weiterer Lebensweg mitgeprägt worden ist, und was auch nicht wenig zu dem frühen Selbstmord von Walter Erich im Jahr 1980 beigetragen haben mag. Und auch seine Mutter Ingeborg hat in den letzten Jahrzehnten ihres Lebens, wie zu hören ist, immer wieder unter schweren Depressionen gelitten.

Abb. 2: Asko von Kemnitz, Mathilde Ludendorff, Hanno von Kemnitz in München am 21.12.1937 (aus: 8)
Am 14. Juni 1942 schrieb Mathilde Ludendorff in dieser Sache noch einmal an Rudolf Sand:
Klais, den 14. 6. 42
Sehr geehrter Herr Amtsgerichtsrat,

Machen Sie sich weiter keine Sorge um die Frage, die jetzt in der Zeit, in der meine Söhne an der Front fallen können, so ganz besonders widerwärtig ist für uns alle. Ich hoffe sehr, daß unser letztes Rundschreiben an sich dazu führen wird, daß jeder Empfänger desselben sich der Deutschen Pflicht bewußt wird, Häßliches, was von Abwesenden behauptet wird, nicht einfach nur mit den Worten, daß er es glaube oder nicht glaube, hinzunehmen, sondern zu verlangen, daß diese Menschen zu ihren Worten stehen und sie den Verlästerten gegenüber vertreten!! ...

Lassen Sie sich in Ihrer Freundschaft nicht bestimmen von dem, was in meinen Briefen zur Sprache kam. Aber ich habe die Pflicht darauf hinzuweisen, daß von vorbildlichem Einklang mit meinen Werken bei ihrem Freunde nicht die Rede sein kann, wenn er, wie ich Ihnen schrieb, einen Mitkämpfer zu dem durch und durch undeutschen Handeln aufforderte, meine Söhne heimlich zu beobachten. Der betreffende Mitkämpfer hat dieses Ansinnen entrüstet zurückgewiesen und sich hierdurch recht viel näher jenem Einklang gezeigt! ...

Und nun wollen wir in dieser furchtbar ernsten Zeit, die das tagtägliche Bangen um das Leben meiner Söhne in sich birgt das traurige Thema ihrer Verlästerung durch Menschen, die sich Anhänger nennen, ruhen lassen. Ich danke Ihnen für Ihren warmen Anteil und Ihr Nachdenken über Wege der Abhilfe.

Großer Gefallen für die Jesuiten (Februar 1946)

Die Person Herbert Frank findet in dem Briefwechsel zwischen Rudolf Sand und Mathilde Ludendorff dann ein weiteres mal Erwähnung im Februar 1946. Ausgangspunkt ist eine Auseinandersetzung über die Jesuiten. Rudolf Sand schrieb an Mathilde Ludendorff:
Waldbröl, 3. 2. 46
Hochverehrte Exzellenz!

Ein tüchtiges Deutsches Mädel, Tochter von Herrn Herbert Frank, Duisburg, kämpft in ihrer Klasse einen tapferen Kampf. Sie hat bei ihren Mitschülern und Mitschülerinnen eine lebhafte Auseinandersetzung über den Jesuitenorden hervorgerufen und soll nun vor der Klasse einen Vortrag über den Jesuitenorden halten. ... Frl. Hilde Frank will sich gegen alle denkbaren Einwände anders eingestellter Mitschüler aus gutem Grunde wappnen, hat es doch der Vater eines katholischen Mitschülers schon fertiggebracht, über den Geist der Klasse nach Düsseldorf an die Jesuiten zu berichten. So wurde mir gesagt.
Mathilde Ludendorff reagiert für Rudolf Sand sicherlich ganz unerwartet:
Tutzing, 19. II. 1946

Sehr geehrter Herr Amtsrichter anbei noch einmal die Mitteilung. Das Schulkind ahnt nicht, welch großen Gefallen (letzte beide Worte handschriftlich unterstrichen) es den Jesuiten tut, die eben allzugerne unsern religiösen Bund zu einem politischen Kampfbund umstempeln möchten, damit er verboten werden kann! Ich führe schwere Aufklärungskämpfe mit den Behörden. --- Solche Kämpfe gehören nicht in die Schule!
Frank kritisiert Mathilde Ludendorff (Oktober 1948)

Über Herbert Frank wird berichtet (2, S. 9):
Nachdem sich Frank zunächst mit aller Energie für den Erfolg der Organisationen (Bund für Gotterkenntnis und andere) einsetzte (...) [s. NL Frank, Bd. 101: Frank an Beinhauer v. 18.7.1950], bahnte sich spätestens im Sommer/Herbst 1949 eine grundlegende persönliche Wende an. Frank begann sich allmählich von Mathilde Ludendorff und partiell auch von der Tannenbergbund-Ideologie zu lösen [s. NL Frank, Bd. 101: Frank an Gerstenberg v. 31.10.1949; ebd.: Frank an seinen Vater v. 28.11.1949; ebd.: Frank an Beinhauer v. 18.7.1950]. Diese Veränderung trug wesentlich dazu bei, daß er sich im Juli 1950 nach einem führungsinternen Streit von der Gesellschaft für Lebenskunde und allen Nebenorganisationen trennte.
Für diesen Beitrag konnte die genannte Dissertation (3) noch nicht eingesehen werden. Vorbehaltlich dieser Einsichtnahme und dem Kennenlernen weiterer Dokumente muß gesagt werden, daß die inhaltlichen Gründe für die Trennung von Mathilde Ludendorff an dieser Stelle zunächst nicht geklärt werden können. Hier kann zunächst nur berichtet werden, was aus den im folgenden anzuführenden Dokumenten ersichtlich ist.


Zum Eklat kam es schließlich, als Herbert Frank im Oktober 1948 an Gesinnungsfreunde einen Bericht über eine Unterredung sandte, die er zuvor in einem größeren Rahmen mit Mathilde Ludendorff in Düsseldorf gehabt hatte, und in der er ihr vor einer größeren Menge von Personen, die damit gar nichts zu tun haben wollten, Fehler vorgeworfen hat, offenbar philosophischer Art. (Welcher Art dieser Fehler genau gewesen sein sollen, kann aus den bislang zusammen gestellten Dokumenten nicht geklärt werden.) Es muß auch von seiner Seite aus ein Ultimatum an Mathilde Ludendorff gerichtet worden sein.

In der Folge kam es zur Trennung zwischen Herbert Frank und leitenden Persönlichkeiten in der Ludendorff-Bewegung wie Mathilde Ludendorff, Karl von Unruh, Dr. Rudolf Sand, Werner Preisinger und anderen. Sein Verhalten wurde als unverschämt, frech und respektlos, als ein "Unterschieben niedrigster Motive" gegenüber Mathilde Ludendorff empfunden, als "Ungeheuerlichkeit", als ein "Antasten ihrer Ehre".

Rudolf Sand trennt sich von Frank (Februar 1949)

Dr. Sand schrieb nämlich einige Monate später an Mathilde Ludendorff:
Waldbröl, den 23.2.1949

Hochverehrte Exzellenz!

Der „Fall Frank“ hat meine Frau und mich stärkstens bewegt! Ich habe am 6. 2. 49 gleich nach dem Erhalt der Unterlagen Herrn (Karl) v. Unruh Folgendes geschrieben:

... Der Bericht Franks über die Unterredung mit Exz. ist erbärmlich! Dieses Unterschieben niedrigster Motive und, was meine Frau und mich am meisten entsetzte, die Bemerkung: „Wenn ich an Fehlern Kritik übe, so ist es Sorge um die Idee. Über uns beiden steht die Idee“. Da bleibt einem, wie man so sagt, die Spucke weg. Das der Schöpferin Deutscher Gotterkenntnis, der Philosophin zu sagen! Mit welchem Maßstab mißt Frank da?

Es konnte für mich keine andere Folge geben, eine Freundschaft zu beenden, die unvereinbare Anschauungen und Handlungen in sich schloß. Es liegen sehr bittere Wochen hinter mir, die sich noch durch eine schwere Grippeerkrankung besonders erschwerten. Ich habe dann Frank Folgendes geschrieben:
Waldbröl, 21.2.1949

Schon eher hätte ich Dir geschrieben. Aber ich mußte das Ungeheuerliche erst innerlich verarbeiten. Darüber habe ich viele schlaflose Nächte verbracht und das alles ging hart an die Grenze meiner seelischen und körperlichen Leistungsfähigkeit.
„Gylfaginning“, die gaffende Gähnung, hat sich zwischen uns aufgetan, über welche keine Brücke des Verständnisses führt.

Wenn Dir selber die Einsicht in das fehlt, was Du getan hast durch die Art der Unterredung und des Berichtes vom 10. 10. 48, durch Versendung an verschiedene Freunde, zu denen ich nicht zählte, die dann in der Lage waren, natürlich unter dem Siegel der Vertraulichkeit, es einer unabsehbaren Zahl von Freunden weiterzureichen und Du offensichtlich kein Empfinden dafür hast, daß Frau Dr. Ludendorff sich dagegen wehren mußte, so kann ich Dir diese Einsicht auch nicht vermitteln. In welchem Ton schreibst Du über die Gattin des Feldherrn und Künderin Deutscher Gotterkenntnis? Und du wagst ihr jetzt ein Ultimatum zu stellen und ihr zu drohen, nachdem Du sie durch Deinen Bericht in ihrer Ehre angetastet hast? Das alles ist mir völlig unbegreiflich.

Unsere Wege mögen sich trennen. Ich meinerseits gedenke dem heiligen Vermächtnis des Feldherrn: „Scharen Sie sich um meine Frau“ treu zu bleiben.

Ich danke Dir für alles, was Du mir in langjähriger Freundschaft gegeben hast. Ich denke, daß ich das nicht unerwidert ließ und mit Rat und Tat nicht gekargt habe. Ich bitte Dich, Deine Frau und Töchter, vor allem Inge, von uns zu grüßen.

Auch Dich grüßt

Dein gez. Rudolf Sand

Ich fühle mich verpflichtet, Ew. Exz. von Vorstehendem Kenntnis zu geben. ...
Mathilde Ludendorff antwortete Rudolf Sand dankbar:
Tutzing den 16.3.49
Sehr geehrter Herr Dr Sand,

Herrn von Unruh geht es weiter besser! -

Sie sind ja nun wohl unser getreuer Eckhardt im Rheinland und so bitte ich Sie, den einliegenden Brief von Herrn Utzinger zu lesen und ihn mir gelegentlich wieder zurück zu senden! ....
Um was für einen Briefinhalt es sich hier handelt, ist nicht bekannt. Rudolf Sand antwortete:
Waldbröl, 22.3.49
Hochverehrte Exzellenz!

... Exz. schreiben mir im Brief vom 16. 3. an mich, ich sei ja nun wohl „unser getreuer Eckhardt im Rheinland“. Diese Ehrung macht mich unendlich stolz und ich sage Ew. Exz. dafür meinen allerherzlichsten Dank!!! ...
"Ich konnte nicht in die Abgründe blicken ..." (März 1949)

Auch in einem Brief an Werner Preisinger kam Mathilde Ludendorff dann noch einmal auf den Fall Herbert Frank zu sprechen:
Tutzing, den 22.(28.?)3.49
Sehr geehrter Herr Preisinger,

Es ist sehr schön, daß Sie Herrn von Unruh in Bremen vertreten wollen (...). Hoffentlich überlasten Sie sich nun aber nicht allzusehr beim nahenden Examen! –

Was Frank anbetrifft, so konnte ich nicht in die Abgründe blicken, die mir jetzt erkennbar wurden! Ich hatte geglaubt, so ein wenig Eitelkeit hätte ihn daran verhindert, mir zu schreiben, daß mein Brief Anlaß war, seine Behauptung zu revidieren und erfuhr erst kürzlich seine Briefe an Dr. Lebhahn und nun auch den Brief an Sie und damit, daß er mich tatsächlich noch weiter der Unwahrheit bezichtigt.

Auch war die Unterredung in Düsseldorf vor allem für die Ordner gedacht, von denen er geschrieben hatte, sie seien tiefempört, ich ahnte ja nicht, daß er mir andere, ganz Unbeteiligte mit in den Raum gebracht hatte, die mir später schrieben, es sei ihnen sehr peinlich gewesen, ahnungslos mit hineingenommen worden zu sein! - - -

Ja, Gerstenberg will exakt beweisen und das ist ja eben die große Gefahr, daß dabei die Erkenntnis viel zu sehr mit einzelnen, zur Zeit bestehenden naturwissenschaftlichen Überzeugungen verwoben wird! –

Im übrigen habe ich aber Dr. Gerstenberg erst durch unseren Briefwechsel und sein letztes Rundschreiben, das mitteilen soll, was ich ihm alles angetan hätte, kennen gelernt. Ich hoffe, wenn er aus der Zwitterstellung, in die er sich begab, heraus ist und eines Tages meine Unwissenschaftlichkeit nachweisen wird, wird er sich erholen. Alles ist recht ernst, aber ein Segen ist es, daß nun Klarheit wird. Von Unruh geht es mit jedem Tage besser, hoffentlich wird er ganz gesund und kräftig werden! (...)

Ihnen und Ihrer lieben Frau herzliche Grüße
Bei dem "Fall Gerstenberg" geht es um das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Philosophie, ein Thema, dem auch die katholische Kirche immer wieder viel Aufmerksamkeit widmet. Dieser Fall muß an anderer Stelle noch einmal aufgearbeitet werden.

Vorarbeit für das "Hijacking" nach 1966

Insgesamt wird auch an dem in diesem Beitrag geschilderten Geschehen wieder sehr viel "Zersetzungsarbeit" von Geheimdiensten und Geheimgesellschaften erahnbar. Und diese Zersetzungsarbeit mutet in diesem Fall - aufgrund vieler geschilderter Anhaltspunkte - durchaus sehr bigott christlich und jesuitisch an. Es kann diese Zersetzungs- und Wühlarbeit gut und gerne als "Vorarbeit" dafür angesehen werden, später, nach dem damals vorauszusehenden Tod von Mathilde Ludendorffs, die Ludendorff-Bewegung um so reibungsloser "hijacken" und übernehmen zu können.


(letzte leichte Korrekturen/Ergänzungen: 26.10.2015)
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  1. Ludendorff, Erich und Mathilde: Die machtvolle Religiosität des Deutschen Volkes vor 1945. Dokumente zur deutschen Religions- und Geistesgeschichte 1933 - 1945. Zusammengestellt von Erich Meinecke, Verlag Freiland, Süderbrarup 2004
  2. Institut für Zeitgeschichte, München: Archiv - Findmittel online. Bestand ED 414. Frank, Herbert. (143 S., als pdf.-Datei --> frei zugänglich)
  3. Borst, Gert: Die Ludendorff-Bewegung 1919–1961. Eine Analyse monologer Kommunikationsformen in der sozialen Zeitkommunikation. (phil. Diss. 1967) München 1969 [Auswertung des Nachlasses des Tannenbergbund-Führers Herbert Frank]
  4. Frank, Herbert: Geheimnivolle Querverbindungen über Deutschland. Der Deutsche Herrenklub und andere Klubs. Ludendorffs Volkswarte Verlag, München 1932
  5. Frank, Herbert: Enthüllte Geheimnisse jüdischer Geschichte. Grundlagen jüdischer Weltherrschaft. Ludendorff-Verlag, München 1934
  6. Bading, Ingo: Der Schriftsteller Walter Erich von Bebenburg (1927-1980) - Die Geschichte eines "verlorenen Sohnes"? Auf: Studiengruppe Naturalismus, 7. August 2011, http://studiengruppe.blogspot.de/2011/08/der-schriftsteller-walter-erich-von.html
  7. Wagner, Hans: Die faktische Ordnung der sozialen Kommunikation. Versuch einer Systematisierung der Zeitungswissenschaft. (phil Diss. Uni. München 1965)  A. Schottenheim, 1965 (331 S.) (Google Bücher)
  8. von Kemnitz, Hanno: Der letzte Weg des Feldherrn Erich Ludendorff. Einziger geschlossener Text- und Bildbericht von den Trauerfeierlichkeiten und dem Staatsbegräbnis am 22. Julmonds 1937. Ludendorffs Verlag, München 1938
  9. Schlötzke, Kurt: Der Freispruch! In: Mensch und Maß, Folge 24, 23. 12. 1991, S. 1153 (Eine Erinnerung an den Richter Dr. Rudolf Sand)
  10. Duda, Gunther; v. Bebenburg, Franz: Dr. jur. Rudolf Sand (1896 – 1992). In: Mensch und Maß, Folge 12, 23. 6. 1992, S. 576 

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