Samstag, 4. April 2015

Ein Ludendorff-Archiv in Südhessen?

Fritz Donges (1899-1986) - Ein Bildhauer und Ludendorff-Sympathisant

Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung um den Verbleib der sterblichen Reste des deutschen Dichters Friedrich Schiller (1759-1805) wird seit vielen Jahrzehnten geführt. Friedrich Schiller wurde nur 46 Jahre alt. Bei den Auseinandersetzungen geht es insbesondere um den Schädel von Friedrich Schiller, bzw. um die Echtheit von behaupteten "Schiller-Schädeln". Der heutige, ziemlich endgültige Forschungsstand (s. Wiki) ist, daß keiner der vielen behaupteten "Schiller-Schädel" tatsächlich Schillers Schädel ist. Schon zahlreiche Forscher auf diesem Gebiet hatten das seit vielen Jahrzehnten behauptet. Der echte Schiller-Schädel und sein Verbleib sind hingegen bis heute unbekannt.

Abb. 1: Ausstellung "Schädel-Kult" (2011)

So abwegig ist die Frage nach dem Schädel von Friedrich Schiller schon deshalb nicht, weil schon einem der engsten Freunde von Friedrich Schiller, dem Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der Besitz des Schädels seines Freundes Friedrich Schiller wichtig gewesen ist und er darüber sogar Gedichte geschrieben hat.

Schon 2011 fragte deshalb eine Ausstellung des Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim - sicherlich mit mancherlei Recht - nach einem etwaigen - zudem ziemlich archaischen? - "Schädel-Kult" rund um den Schädel von Friedrich Schiller (s. Abb. 1).

Vor dem Hintergrund des heute vorhandenen Wissens rund um elitären rituellen Satanismus und der recht häufigen Bezüge zu solchem Satanismus in den Werken von Goethe (in seinem "Faust" und anderwärts) darf dieses Thema sicherlich mancherlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Unbezweifelbar ist ja, daß es in Freimaurerlogen archaische Schädelkulte gibt.

Die völkische Hintergrundpolitik-Kritikerin Mathilde Ludendorff (1877-1966) (Wiki) ist schon zwischen den Jahren 1928 bis 1936 mit der ständig erweiterten und überarbeiteten Veröffentlichung ihres Buches "Der ungesühnte Frevel an Luther, Lessing, Mozart und Schiller" der Frage nachgegangen, ob an Friedrich Schiller ein archaischer, satanischer Okkultlogenmord verübt worden ist. 

1936 erreichte ihr Buch eine Auflage von 59.000 Exemplaren. Es stellte damit einen vielfach beachteten und auch vielfach verrufenen Beitrag zur Auseinandersetzung um diese Fragen dar (1). Angeregt durch dieses Buch haben Menschen im engeren Umfeld der Ludendorff-Bewegung - Anhänger und Sympathisanten derselben - sich an der Forschung rund um den Verbleib von Schillers Schädel beteiligt. So in den 1970er Jahren der norddeutsche Arzt Dr. Henning Fikentscher. So auch der vormalige Erschaffer einer Schiller-Büste, der südhessische Bildhauer und Ludendorff-Sympathisant Fritz Donges (1899-1986) (GB) (46).

Die Arbeiten von Fritz Donges zur Schiller-Forschung sind noch in den letzten Jahren immer einmal wieder in der wissenschaftlichen Literatur angeführt worden. Joachim-Hermann Scharf von der Universität Halle-Wittenberg, ordentliches Mitglied der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der "Sächsischen Akademie der Wissenschaften", sagte im Dezember 1993 in einem Vortrag zum Thema "Wo ist Schillers Schädel?" vor eben dieser Sächsischen Akademie zu Leipzig (SAW 1993) (2):

Obwohl allen potentiellen Kontrolluntersuchern von der Regierung der DDR der Zugang zu den Schädeln verboten wurde, gelang es dem Bildhauer Fritz Donges und dem Mediziner Henning Fikentscher - Enkel des Goethe-Freundes Friedrich Christian Fikentscher - durch minutiöse Vergleiche aller Totenmasken und Schädelabgüsse festzustellen, daß sowohl der Fürstengruft- als auch der Kassengewölbe-Schädel nicht Schiller zugeordnet werden können, sondern daß der echte Schädel in Goethes privater Schädelsammlung aufbewahrt worden ist, wo er freilich bisher vergeblich gesucht wurde.
2012 wird zu einem neu erschienenen Buch berichtet (GB):
Ralf G. Jahn, genealogischer und historischer Fachberater des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und der Klassik Stiftung Weimar bei den Fernsehdokumentationen „Der Friedrich Schiller-Code“ und „Schillers Schädel-Schicksal“, außerdem Co-Moderator beim „Goethezeitportal“, ist überzeugt, dass der echte Schädel (Schillers) noch irgendwo existiert.
Auch er bezieht sich dabei auf die Forschungen von Fritz Donges (GB, S. 40):
Der Bildhauer Donges, der sich eingehend mit den Totenmasken Schillers befaßt hat, ist der Meinung, daß weder Charlotte von Schiller noch Caroline Freifrau von Wolzogen die Genehmigung zur Kopfabformung Schillers erteilt haben können.
Und (S. 154):
1969 - 1971 - Der Bildhauer Fritz Donges kommt zu dem Ergebnis: "Beide Schädel können ... nicht Schillers Schädel sein. ..."
(Unvollständig, weil nur ein Google-Bücher-Ausschnitt.) Als Literaturangabe wird angegeben (S. 299):
F. Donges: Der Streit um Schillers Schädel. In: Mitteilungen ...

Der Tübinger Privatdozent Dr. Sigurd Wannebach erwähnt Donges in einem Offenen Brief an das Schiller-Museum in Marbach. Auch dies sei zitiert, ohne daß an dieser Stelle die Details der Schiller-Forschung weiter erörtert werden sollen. Sie wären sicherlich einen eigenen Beitrag wert (5):

Fritz Donges behauptete noch 1971: "Sie waren nur einen Nachmittag im Kassengewölbe".
Und: 
Dem widersprach erst 1971 Fritz Donges in jener Berliner Anthropologen-Zeitschrift: "Daß das Protokoll Schröter-Färber insgesamt eine glatte Fälschung ist, ergibt sich u. a. daraus, daß kein Mensch (bis zum Jahre 1935) jemals davon Kenntnis erhielt."
Und:
Erst sehr viel später, erst 1971, begriff Fritz Donges: "Schröter-Färber bekamen einen geheim zu haltenden Auftrag von höchster Staatsstelle, bei dem das Ergebnis von vornherein feststand: Das Skelett Schillers m u s s t e gefunden werden."

In dem Beitrag vorliegenden Frage soll aber die weitergehende Frage interessieren: Wer war Fritz Donges überaupt? Es soll zusammengestellt werden, was über ihn zusammen getragen werden kann insbesondere in Form von Aufsätzen, die Fritz Donges in der Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung "Mensch und Maß" zwischen 1966 und 1980 veröffentlicht hat (8-38). Die Aufmerksamkeit weckte dieser Autor deshalb, weil er in Veröffentlichungen des Jahres 1974 sehr ähnliche Anliegen verfolgte, die auch der vorliegende Blog - noch vierzig Jahre später - verfolgt, nämlich die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Ludendorff-Bewegung zu ermöglichen dadurch, daß entsprechende Archivalien sichergestellt sind in einer Art "Ludendorff-Archiv". Auf diese Anliegen von Fritz Donges soll deshalb zuerst hingewiesen werden.

Donges ruft zum Aufbau eines Ludendorff-Archivs auf (1974)

In der Folge der Zeitschrift "Mensch und Maß" vom 23. September 1974 veröffentlichte Fritz Donges die folgende Anzeige (3. Umschlagseite):

Bitte an die Leser - Zum Aufbau und zur Vervollständigung meines Archivs bitte ich die M.u.M.-Leser, die wegen hohen Alters ihre Buch- und Zeitschriften-Bestände abgeben möchte, diese mir zu überlassen. (...) Das Archiv geht geordnet nach meinem Tode in sichere Hände über. Nichts geht verloren. (...) Fritz Donges, 6123 Bad König (Odw.), Berggartenstraße 17.

Drei Monate später, in der Folge vom 23. Dezember 1974, berichtet er (S. 1151) von der "Unmenge von Paketen", die bei ihm eingegangen sind:

Den meisten Einsendern habe ich gleich gedankt und auch erklärt, wie das Archiv aufgebaut wird. Die anderen Einsender (...) bekommen meinen Brief auch noch.

Hier zeigt sich, daß im Jahr 1974 zumindest bei einzelnen Ludendorff-Anhängern eine Einsicht in die Notwendigkeit des Aufbaus und der Arbeit eines Ludendorff-Archivs bestand. Aus den zitierten Worten von Fritz Donges geht die große damalige Spendenbereitschaft unter der Leserschaft der Zeitschrift "Mensch & Maß" hervor für den Aufbau eines solchen Archivs. Fritz Donges suchte auffallenderweise schon damals völlig das gleiche, wonach auch noch in der vorliegenden "Studiengruppe" gesucht wird. Er schrieb nämlich weiter:

Was ich noch suche, sind vor allem Aufsätze von General Ludendorff und Mathilde Ludendorff, bzw. Frau v. Kemnitz aus den Jahren nach 1918, bis der eigene Ludendorff-Verlag gegründet wurde. Ferner suche ich alle Bücher in den verschiedenen Auflagen, besonders die jeweiligen Erst-Auflagen, die ja vielfach später erweitert oder - wegen der Verbote - abgeändert oder überdruckt werden mußten. Schließlich will ich alle Zeitungsaufsätze oder Berichte oder Meldungen über beide Ludendorff, über die Bewegung usw. sammeln, vor allem die Verunglimpfungen beider Ludendorffs. (...)
Ferner suche ich Fotos von Veranstaltungen, auf denen beide Ludendorffs sprachen. Genaue Notizen, wo und wann das war. Ebenso bin ich an guten Fotos von den wichtigsten Mitarbeitern im Quell und in M.u.M. interessiert. Die Nachwelt muß ja wissen, wie die Menschen ausgesehen haben, die ihr ganzes Leben sich für die Befreiung der Deutschen und damit der ganzen Welt eingesetzt haben. Jetzt ist es noch Zeit, alles zu sammeln, später wird vieles verloren gehen. (...) Ich bin im November/Dezember auf Heilkur (...) und kann erst im Januar 1975 weitermachen. Vorerst allen Freunden meinen herzlichen Dank für die prompte Zusendung und für ihr Vertrauen. Ich werde niemanden enttäuschen, ich muß nur noch ein Weilchen am Leben bleiben.

Bei diesen Worten stellt sich natürlich die Frage, wie Fritz Donges die Weiterarbeit seines Archivs absichern wollte für die Zeit nach seinem Tod. Dazu ist hier nichts zu erfahren.

Man fragt sich auch, was sich jene Menschen beim Lesen dieser Worte gedacht haben, die davon wußten, daß Mathilde Ludendorff selbst in ihrem Testament ausdrücklich ein Ludendorff-Archiv vorgesehen hatte. Ein Wissen, das lange Jahrzehnte nicht publik gemacht worden ist, und von dem eben auch Fritz Donges selbst gar nichts erfahren haben konnte. Oder was mögen Menschen gedacht haben, die - wie ein anderer Autor der Zeitschrift, Gunther Duda, erst wenige Monate zuvor - selbst derartige Archivalien sammelten?

Donges stirbt kinderlos

Vor allem konnte bislang der Verbleib dieses von Fritz Donges aufgebauten Ludendorff-Archiv nicht geklärt werden. Sollte es Menschen geben, die Hinweise darauf geben können, bitten wir um Zuschriften an den Bloginhaber.

Ergänzung 31.10.21: Das Haus in der Berggartenstraße 17 weist noch heute ein auffällig großes Atelierfenster auf. Aus dem weiteren Verwandtenkreis von Fritz Donges erfahren wir das folgende: Fritz Donges wohnte bis zu seinem Tod in einem Haus seines Neffen, nämlich in der Berggartenstraße 17 in Bad König. Davor wohnte er in einem anderen Haus in Bad König und davor lebte er in dem nahegelegenen Ort Höllerbach (dieser gehörte zu Brensbach). Wir erfahren:

"Fritz Donges lebte sehr, sehr, sehr zurückgezogen in der Berggartenstraße 17. Dennoch hatte ich als Kind und Jugendlicher (neben meinem Vater) ab und zu Kontakt zu ihm. Ich kann mich aber dennoch gut an seine Bibliothek erinnern, die das gesamte obere Stockwerk des Hauses einnahm. Als Kind hatte mich fasziniert, daß die Bücherregale nicht nur an der Wand, sondern auch mitten im Raum standen. Nach dem Tod von Fritz Donges (...) gab es keine Kinder und keine lebenden Geschwister von Fritz Donges. Das Haus, in dem Fritz Donges wohnte, wurde"

von dem Neffen von Fritz Donges

"erneut vermietet. Was mit den Möbel, Briefen, Büchern usw. geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis."

Auch der Neffe von Fritz Donges ist vor mehr als zehn Jahren verstorben. Weiter entfernte Verwandte schreiben:

"Ich bin davon überzeugt, daß die von Ihnen gesuchten Dokumente nicht mehr existieren, zumal beide Häuser (Berggartenstraße 17 und Berggartenstraße 19) mittlerweile verkauft wurden."

Es war wohl kein Zufall, daß Donges den Aufruf zur Gründung eines Ludendorff-Archives veröffentlichte hatte ein Jahr nach dem Tod seiner Frau. Dieser wird ihm die Endlichkeit seiner Bemühungen bewußt gemacht haben. In der Folge der Zeitschrift "Mensch und Maß" vom 23. Mai 1973 veröffentlichte Donges die Todesanzeige für "meine Lebensgefährtin Anna Donges (1895-1973)". Er selbst war 1973 schon 74 Jahre alt, sollte aber noch 13 Jahre leben.

"Ist Goethes Erlkönig ein Knabenschänder?" (1941 / 1958 / 2012) 

Abb. 2: 2012 erschienen

Es sollen nun noch weitere Lebensinhalte und -interessen des Bildhauers Fritz Donges zusammenzutragen werden, ebenso Angaben zu dem Freundeskreis und Personennetzwerk, in dem er sich bewegte. Die Frage, ob Goethe homosexuell war und - etwa in der Ballade "Erlkönig" - Pädokriminalität besungen hat - oder sogar selbst betrieben hat, wird heute wieder diskutiert. 

2012 fragte die Münchner "Abendzeitung" etwa "Ist Goethes Erlkönig ein Knabenschänder?" (39). Dies ist die Überschrift zur Rezension eines Buches von W. Daniel Wilson mit dem Titel "Goethe Männer Knaben - Ansichten zur 'Homosexualität'".

Es ist nun zu erfahren, daß über dieses Thema zu arbeiten offenbar schon Erich Ludendorff noch im Oktober 1937 die Anregung gegeben hat. Im Jahr 1992 wandte sich der Bauer und Ludendorff-Anhänger Heinrich Petersen (aus Olpenitzfeld in Schleswig-Holstein) in einem (wohl Offenen Leser-) Brief an den Verleger Franz von Bebenburg (den Schwiegersohn Mathilde Ludendorffs), um gegen die "unheilvolle Verwirrung", die auch die von ihm herausgegebene Zeitschrift "Mensch & Maß" unterstützt hätte durch den Abdruck eines einmal erneut zu wohlwollenden Aufsatzes über J. W. von Goethe Stellung zu nehmen. Heinrich Petersen schrieb (40):

Im Oktober 1937 hatte stud. jur (Siegfried) Goetze General Ludendorff in Tutzing besucht. Bei einem Spaziergang im Garten äußerte der General, daß es doch nötig sei, dem allgemeinen "Goethekult" Einhalt zu tun. Dazu müsse aber erst eine gründliche Untersuchung des Falles Goethe aus völkischer Sicht erarbeitet werden.
Dieses ist s. Zt. geschehen. Noch acht Mitkämpfer des Feldherrn: Dr. J. Spelter, Stud.Rat Ernst Hauck, Ernst Westphal, Elisabeth Melcher, Fritz Donges, Kallenberg und Eickmeier haben aus 1022 Büchern, Schriften, Abhandlungen usw. ein Werk in Kurzform von 327 Seiten geschaffen, worin sie uns den "wahren" Goethe aufzeigen. Vielleicht besitzen Sie dieses Buch.

Bei diesem Buch handelt es sich offenbar um ein seltenes Manuskript (41), das aber doch zum Beispiel in der Staatsbibliothek Berlin vorhanden ist. (Nach von Petersen mitgesandten Kopien von vier Seiten dieses Buches scheint es aber auch in den 1970er Jahren noch einmal neu getippt worden zu sein.) Auf die Inhalte dieses Buches nahm 1958 der Freund von Fritz Donges, Ernst Hauck, einmal erneut Bezug in der Zeitschrift "Quell" in einem Artikel über Goethes Ballade "Der Erlkönig". Hauck bringt als Kernargument das folgende Zitat aus dem "vielgelesenen Buch des Arztes C. L. Schleich" (42):

Dehmel liebte die Musik über alles, und ich habe ihn oft erfreuen können mit dem Vortrag Loewescher Balladen, von denen der "Edward" ihn zu heller Begeisterung fortriß. Ansorge begleitete mich meisterhaft. Er stellte Loewes "Erlkönig", wie so viele, weit über den Schuberts und behauptete, Schubert habe den dämonischen Trieb zur Knabenliebe, den Goethe gestalten wollte, gar nicht verstanden; ihm fehlte das unheimlich Sadistische in der Musik, wie denn auch Schuberts Ganymed aus dem gleichen Grunde völlig mißverstanden sei.

Hauck fährt danach fort:

Ansorge, ein namhafter Pianist, macht aufhorchen mit seiner Behauptung (...). In seiner Handschrift „Goethe in völkischer Sicht" hat der 1945 an der Ostfront gefallene Dr. jur. Siegfried Goetze zu dem heiklen Kapitel „Goethe und die Knabenliebe" einiges zusammengetragen, ohne lange forschen zu müssen.

Auch bezüglich dieses Themas erweist sich einmal wieder, daß die Ludendorff-Bewegung schon 1937, 1941 und 1958, also vor 70 und 55 Jahren - und jedesmal belacht von den vielen, die damals glaubten, so viel "klüger" zu sein - Erkenntnisse vorweg genommen hat, die heute neu und ganz sachlich erörtert werden. Ernst Hauck hatte über die Freimaurerzugehörigkeit von Goethe schon 1937 eine Schrift veröffentlicht (44).

Schiller-Büste auf der "Großen Deutschen Kunstausstellung" (1942)

In den Jahren 1942 und 1943, also sicherlich auf der "Höhe" seines künstlerischen Schaffens, wurde im Saal 5 der "Großen Deutschen Kunstausstellung" in München eine Schiller-Büste ausgestellt, die Fritz Donges geschaffen hatte (6). Laut Ausstellungskatalog war Donges zu diesem Zeitpunkt in Höllerbach im Odenwald ansässig*) (GDK). Und die Abbildung zeigt eine Schiller-Büste mit eigenwilligen Zügen und nicht - sozusagen - einem "klasssisch" gewordenen Trend in der Darstellung Schillers folgend.

Um 1960 hat Fritz Donges eine Büste von Martin Luther geschaffen, die im Gemeindehaus in Bad König aufgestellt zu sein scheint (46, S. 46):

Die Büste wurde im August 2000 aus dem Nachlaß des Künstlers der Evangelischen Kirchengemeinde in Bad König ....

Donges war in Bad König im Odenwald ansässig, 11 Kilometer von Höllerbach entfernt. (Als dort wohnhaft war der "Bildhauer F. Donges" noch 2015 in verschiedenen Internetverzeichnissen angeführt mit den Adressdaten "Berggartenstr. 19, 64732 Bad König, Hessen, 06063/1599". Er war aber auch verzeichnet mit den Daten "Sudermannstr. 10, 21077 Hamburg, 040/7642928".) Vielleicht leben heute noch irgendwo seine Kinder oder Enkelkinder?

Der Schriftsteller und Ludendorff-Anhänger Ernst Hauck hat später eine seiner Erzählungen seinem Freund Fritz Donges gewidmet. Schon im Februar 1962 hat dieser Ernst Hauck einen Aufsatz veröffentlicht mit dem Titel "Der Streit um Schillers Schädel entschieden". In diesem berichtete er davon, daß der sowjetische Anthropologe Gerassimow erklärt hatte:

Bei dem Schwabeschen Schädel war es unmöglich, ein anderes Gesicht herzustellen als das bekannte des Dichters. Es stimmt mit der Totenmaske überein. (...) So wurde das Problem gelöst.

Daß dies jedoch keineswegs "die" Lösung war, davon wird sich Hauck wie Donges im weiteren Verlauf überzeugt haben. Fünf Jahre später, im Juni 1967 forderte Donges zu einer "gesamtdeutschen" Forschung an Schillers Schädel auf. Die originale Totenmaske in Marbach sollte genau vermessen werden, dies sollte auch mit den beiden Schädeln in Weimar geschehen, um schließlich die Meßdaten miteinander vergleichen zu können. Aber seine Forschungen auf diesen Gebieten sollen hier erst einmal nicht weiter verfolgt werden. Hier soll nun nur noch darauf hingewiesen werden, daß der wache Donges auch noch mit zahlreichen anderen Themengebieten beschäftigt war.

Zufalls-Propagandist Jacques Monod (Juli 1972)

So behandelt Donges in seinem Aufsatz "Große Reklame?" im Juli 1972 den Artikel "Der Mensch - ein Betriebsunfall der Natur?" über Jacques Monod in dem Wochenmagazin "Der Spiegel" vom 24. Mai 1971. Donges hat ein deutliches Gespür für vieles, wenn er unter anderem schreibt:

Die "Große Reklame" ist nicht von ungefähr. Es ist durchaus möglich, daß (...) getroffen werden (...) die von M. Ludendorff ausgehende (...) Sinn-Deutung der Schöpfung und des menschlichen Daseins, die ja genau das Gegenteil beweist: daß nämlich die Schöpfung und gerade der Mensch kein Zufall, oder, wie es herabsetzend von Monod gesagt wurde: "Betriebsunfall" ist.

Heute ist ja die Forschung mit dem Evolutionsbiologen Simon Conway Morris auf diesem Gebiet bedeutend weiter. In einem Aufsatz mit dem Titel "Das Scheuertuch brennt" ist Donges im Mai 1974 mit den den Forderungen der damaligen Frauenbwewegung um Simone de Beauvoir befaßt, die er den Forderungen Mathilde Ludendorffs aus dem Jahr 1920 gegenüber stellt.

Im Juli 1974 beschäftigt sich Donges in seinem Aufsatz "Wie bekomme ich einen gnädigen Nächsten?" vor allem mit Gedanken des damals bekannten evangelischen Pfarrers Martin Niemöllers aus dem Jahr 1956. Donges erinnert in Zusammenhang damit auch an die Vorherrschaft der sogenannten "Deutschen Christen" innerhalb der evangelischen Kirche im Jahr 1939.

1978 - "Die feierlich-brausende Melodie"

1978 veröffentlicht Donges einen Aufsatz über den noch heute bekannten und mehrfach verfilmten Fall der offiziell durch den Bischof von Würzburg genehmigten, wochenlangen Teufelsaustreibung an der Studentin Anneliese Michel (1952-1976) (Wiki). Diese wurde in Klingenberg am Main durch zwei katholische Priester durchgeführt. Das fand also ganz in der Nähe des Heimatortes von Fritz Donges statt und mag ihn schon deshalb stark bewegt haben. Am Schluß seines Aufsatzes schreibt er:

Gibt es noch mehr Beweise dafür, daß die Römische Kirche, wie immer, besessen ist von ihrer Aufgabe?

Im Mai 1979 befaßt sich Fritz Donges mit dem damals ausgestrahlten Fernsehfilm "Holocaust". Eine Todesanzeige von ihm scheint in der Zeitschrift "Mensch und Maß" nicht erschienen zu sein. Ob sich irgend jemand nach dem Tod von Fritz Donges um den Verbleib des von ihm aufgebauten Ludendorff-Archives gekümmert hat, ist unbekannt. Im Juli 1978 nahm Donges auf einen Leserbrief in der FAZ Bezug, der das Deutschlandlied verteidigte, und dessen Inhalt Donges folgendermaßen wiedergab:

Er (der Leserbriefschreiber) gehöre zum Jahrgang 1900. Als er als Schüler den Ausbruch des 1. Weltkrieges erlebte, sei damals eine helle Begeisterung in Deutschland gewesen und das Deutschlandlied - die Nationalhymne - sei bei jeder Gelegenheit gesungen worden. Der Lehrer habe den Sinn der ersten Strophe so erklärt: "Deutschland - 'geht mir' - über alles, über alles in der Welt."

Daran anknüpfend schrieb Donges:

Die Melodie gehört zu der herrlichensten Schöpfung von Joseph Haydn. (...) Mit dem Deutschlandlied muß es eine besondere Bewandtnis haben. Volksseele hängt mit der Ur-Vergangenheit zusammen, mit dem unvergänglichen Erbgut, mit der Zusammengehörigkeit durch die Sprache, all das ist in die feierlich-brausende Melodie eingegangen. (...) Ein Kunstwerk, das ein ganzes Volk begeistert. Die Worte entstehen in der Seele und gehen in die Seelen, schöner, tiefer und beglückender als jedes Gebet: Deutschland, Deutschland, über alles ...!

Das waren sicherlich Worte, die tiefere Triebfedern seines Handelns benannten.


/ erster Entwurf 20.10.2013; 
Ergänzungen - Anm. 39 bis 43: 24.5.15;
Ergänzungen entsprechend Anm. 45, 46, 30.10.21 /

__________________________________________
  1. Ludendorff, Mathilde: Der ungesühnte Frevel an Luther, Lessing und Schiller im Dienste des allmächtigen Baumeisters aller Welten. Im Selbstverlag der Verfasserin, Fortschrittliche Buchhandlung, München 1928 (96 S.), erweiterte Auflage 1929 (98 S.) (11.-14. Tsd.); neu u.d.T.: Der ungesühnte Frevel an Luther, Lessing, Mozart und Schiller.  Ein Beitrag zur Deutschen Kulturgeschichte. Ludendorffs Verlag, München 1931 (154 S.) (26.-30. Tsd.); 1933; Ludendorffs Verlag, München 1934 (37.Tsd); Ludendorffs Verlag, München 1936 (211 S.) (52.-55. Tsd., 56.-59. Tsd.); Nachdruck: Archiv-Edition, Viöl 1998, 2003 
  2. Joachim-Hermann Scharf (Halle-Wittenberg), Ordentliches Mitglied der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Wo ist Schillers Schädel? Vortrag am 10.12.1993, Kurzfassung, vor der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Auf: SAW 1993
  3. Sykora, Katharina: Die Tode der Fotografie. Band 1. Wilhelm Fink, 2009 (603 S.) (Google Bücher)
  4. Jahn, Ralf G.: Schillers größtes Geheimnis - Der Friedrich Schiller-Code . GRIN Verlag 2012 (306 S.) (Google Bücher)
  5. Wannebach, Sigurd (Privatdozent): Offener Brief des Tübinger Privatdozenten Dr. Sigurd Wannebach an den Friedrich-von-Schiller-Gedächtnisstätten e. V. Marbach / Weimar. Zweite Fortsetzung. o.J. zit. in: Priol, Moritz: Sterngucker oder Das Idyll eines Obdachlosen. Trilogie auf den Spuren von Schelmenroman und Schillerlegende. Auf: Moritz Priol.de
  6. Große Deutsche Kunstausstellung München im Haus der Deutschen Kunst zu München Juli bis auf weiteres. 1942 (Google Bücher), 1943 (Google Bücher)
  7. Hauck, Ernst: Der Streit um Schillers Schädel entschieden. In: MuM, Folge 2, Februar 1962, S. 58-64
  8. Donges, Fritz: Der Anatomiestreit um Schillers Schädel. In: MuM, Folge 22, 23.11.1966, S. 1057-1064
  9. Donges, Fritz: Die Evakuierung der Sarkophage von Schiller und Goethe während des Krieges. In: MuM, Folge 1, 9.1.1967, S. 26-32
  10. Donges, Fritz: Wer wurde im Kassengewölbe beigesetzt? In: Mensch & Maß, Folge 7, 1967, S. 399-419
  11. Donges, Fritz: Ein seltsames Dokument. In: Mensch & Maß, Folge 7, 23.6.1967, S. 542-561 (s. Jb. d. Dt. Schillergesell.) [zu Schillers Schädel]
  12. Donges, Fritz: Was ist der Heilige Geist? In: MuM, Folge 14, 23.7.1967, S. 644-654 [zu einer gleichnamigen Fernsehdiskussion jenes Jahres zwischen Theologen und Philosophen] 
  13. Donges, Fritz: Zur Schiller-Schädel-Frage. In: MuM, Folge 6, 23.3.1968, S. 283f
  14. Donges, Fritz: Schillers letzter Wille. In: MuM, Folge 23, 9.12.1969, S. 1070-1072, 1086-1098 [es wurde behauptet, er hätte einen solchen betreffs seiner Beerdigung ausgesprochen]
  15. Donges, Fritz: Geheimnisse um Schiller - Die Totenmasken. In: MuM 5, 9.3.1970, S. 204-228
  16. Donges, Fritz: Auftakt für die 70er Jahre. In: MuM 5, 9.3.1970, S. 234-236 [Turiner Leichentuch]
  17. Donges, Fritz: "Pausenlos betrogen ..." In: MuM, Folge 10, 23.5.1970, S. 459-465 [Caspar Schrenck-Notzing über die Nachkriegsgeneration]
  18. Donges, Fritz: Der Anatomen-Streit um Schillers Schädel - Was soll die Gesichts-Rekonstruktion auf dem Fürstengruft-Schädel durch Prof. Gerassimov-Moskau? In: MuM, Folge 17, 9.9.1970, S. 769-783
  19. Donges, Fritz: Der Streit um Schillers Schädel. In: Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Band 3. Berlin 1969 - 1971. [Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Gesellschaft 1869 - 1969]  Berlin: In Kommission bei Verlag Bruno Heßling, 1971 (ZVAB a), b)
  20. Donges, Fritz: Totenbücher und Fotos von Auschwitz. In: MuM, Folge 9, 9.5.1971, S. 407-409 
  21. Donges, Fritz: Seltsamkeiten um Beethovens Schädel. In: MuM, Folge 16, 23.8.1971, S. 725-744
  22. Donges, Fritz: Zusammenstellung verschollener, täuschender, fälschender oder gefälschter Dokumente in der Streitfrage um Schillers Ende. In: Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Bd. 4 in 3 Heften. Berlin 1971 - 73 (Buchfreund)
  23. Donges, Fritz: Meinungen zu Gehlens Buch "Der Dienst". In: Mensch & Maß, Folge 4, 23.2.1972, S. 177-183; Fortsetzung in: Folge 9, 9.5.1972, S.429f
  24. Donges, Fritz: Große Reklame? In: Mensch & Maß, Folge 13, 9.7.1972, S. 613-624 [behandelt "Der Mensch - ein Betriebsunfall der Natur?" in "Der Spiegel", 24.5.1971 über Jacques Monod]
  25. Donges, Fritz: "Keine Spur von demokratischer Tendenz". In: Mensch & Maß, Folge 16, 23.8.1972, S. 737-744 [über Freimaurerei]
  26. Donges, Fritz: Verschnittene "Erinnerungen" In: Mensch & Maß, Folge 13, 9.7.1973, S. 583-598 [Prinz Max von Badens Erinnerungen neu herausgegeben von Golo Mann]
  27. Donges, Fritz: Christliche Erziehung. In: Mensch & Maß, Folge 18, 23.9.1973, S. 824-832 [Niemöller und andere]
  28. Donges, Fritz: Genau richtig! In: Mensch & Maß, Folge 5, 9.3.1974, S. 239 [T. Mann über das Genie]
  29. Donges, Fritz: Das Scheuertuch brennt. In: Mensch & Maß, Folge 9, 9.5.1974, S. 414-426 [Simone de Beauvoir]
  30. Donges, Fritz: "Wie bekomme ich einen gnädigen Nächsten?". In: Mensch & Maß, Folge 14, 23.7.1974, S.629-643 [über ein Zitat Martin Niemöllers aus dem Jahr 1956]
  31. Donges, Fritz: Suchaufruf. In: Mensch & Maß, Folge 24, 23.12.1974, S. 1151
  32. Donges, Fritz: "Spuk in Aschaffenburg". In: Mensch & Maß, Folge 10, 23.5.1978, S. 466-472 [über die offizielle Teufelsaustreibung an der Studentin Anneliese Michel (1952 - 1976) in Klingenberg am Main]
  33. Donges, Fritz: Von Teufeln und von Wundern. In:  Mensch & Maß, Folge 11, 9.6.1978, S. 518-523 [nochmals zum Fall der Studentin Anneliese Michel (1952 - 1976) und ähnlicher Fälle]
  34. Donges, Fritz: Deutschland über alles ... In:  Mensch & Maß, Folge 13, 9.7.1978, S. 623f
  35. Donges, Fritz: "Wie ich die Särge Goethes und Schillers wiederentdeckte". In: Mensch & Maß, Folge 2, 23.1.1979, S. 75 - 81 [Vorgänge rund um die Särge 1945 und folgende]
  36. Donges, Fritz: Das Phänomen. In: Mensch & Maß, Folge 10, 23.5.1979, S. 476f [zum Fernsehfilm "Holocaust"]
  37. Hauck, Ernst: Ein verschwundenes Schillerdenkmal. (Dem Bildhauer Fritz Donges als Anwalt gesamtdeutscher Schillerforschung) In: Mensch & Maß, Folge 4, 23.2.1980, S. 170-173
  38. Donges, Fritz: Historische Richtigstellungen - Zum 150. Todesjahr Friedrich Schillers. In: Mensch & Maß, Folgen 13, 14 und 16, 9., 23. 7. und 23. 8 1980, S. 580-591, 643-652, 738-746
  39. Braunmüller, Robert: Ist Goethes Erlkönig ein Knabenschänder? In: Abendzeitung (München), 27.08.2012
  40. Petersen, Heinrich: Brief an Franz von Bebenburg vom 14.7.1992 (zu dem Artikel von Frithjof Hallmann "War Goethe Sozialist?" in "Mensch & Maß", Folge 13, 9.7.1992, S. 619-622)
  41. Goetze, Siegfried: Goethe in völkischer Sicht. Ein Beitrag zur Freimaurer- und Judenfrage. Manuskript des Gefreiten Dr. Siegfried Goetze, 1941, 317 S. (maschinengeschr., gld.gepr. Hln., Einband besch.)
  42. Hauck, Ernst: Eine Betrachtung zu Goethes "Erlkönig". In: Der Quell, Folge 11, 9.6.1958, S. 501-506
  43. Ruppelt, Georg: Schillers Tod und die Ludendorff-Bewegung. In: Aus dem Antiquariat. Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler. Heft 3, 2005, S. 197-199
  44. Hauck, Ernst: Br. Goethe. Eine ernste und notwendige Feststellung. 2. Auflage, Verlag Pfeiffer & Co., Landsberg an der Warthe 1938 (OA. 1937)
  45. Fritz Donges: Wer wurde im Kassengewölbe beigesetzt. [Schiller] 1967 (GB)
  46. Otto Kammer: Reformationsdenkmäler des 19. und 20. Jahrhunderts. Eine Bestandsaufnahme. Evangelische Verlagsanstalt, 2004 (GB), S. 46
  47. Christoph Schmälzle: Der Mann ist ja völlig kahl. Die Überreste von Goethe und Schiller, 22.11.2020, (FAZ)

Keine Kommentare:

Beliebte Posts